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Der Fotograf Michael Bry (*1924 in Breslau) zählt in den USA, in Spanien
und Portugal zu den bekanntesten zeitgenössischen Fotografen im
Spannungsfeld von Kunst und Dokument.
In Deutschland hingegen ist Bry
weitgehend unbekannt. Das Kunstforum Ostdeutsche Galerie (KOG) widmete
ihm die erste Retrospektive seines Werkes im deutschsprachigen Raum und
feierte damit eine großzügige Schenkung des Künstlers an das
Regensburger Museum.
1938 flüchtete Michael Bry als Vierzehnjähriger mit seiner Familie aus
dem nationalsozialistischen Deutschland nach Chile. In Santiago de
Chile studierte er Malerei bevor er 1954 nach Kalifornien übersiedelte.
Dreißig Jahre lebte Bry in Sausolito, dem Künstler-Vorort von San
Francisco, nahm Unterricht bei der berühmten amerikanischen Fotografin
Dorothea Lange und arbeitete für mehrere amerikanische Magazine und
Verlage. In dieser Zeit entstanden die Bilderbücher "To Be Somebody"
(1967) über die kalifornische Jugend und "The Natural World of San
Francisco" (1969), das die faszinierende Natur Kaliforniens zeigt. 1984
verließ Bry San Francisco, um für zwei Jahre nach Mexiko umzusiedeln.
Hier fotografierte er Märkte, Straßenszenen und Menschen beim Feiern.
Nach einem siebenjährigen Aufenthalt in Bayern (1986-1993) zog es Bry
wieder in den Süden - er fuhr nach Sevilla (1994-1998), um hier für die
Stadt zu fotografieren und blieb dort vier Jahre. Seit 1998 lebt und
arbeitet er im portugiesischen Murtosa, in der Nähe von Porto. Dort
entdeckte er eine im Absterben begriffene Form des traditionellen
Fischerbootsbaus. In einem umfangreichen Zyklus dokumentierte er den
Arbeitsprozess vom Anfang bis zum fertigen Boot.
Michael Brys fotografisches Oeuvre deckt ein breites Spektrum ab: Er
fotografiert arbeitende und sich erholende Menschen, dokumentiert
aussterbende Arbeitsprozesse, sucht nach interessanten Natur- und
Architekturbildern. Seine Aufnahmen folgen mit ihrer harmonischen
Komposition und dem ruhigen Bildaufbau der klassischen Ästhetik und
liegen damit an der Grenze zwischen dokumentarischer und künstlerischer
Fotografie. Bry beschränkt sich ausschließlich auf
Schwarz-Weiß-Fotografie, womit er sein Interesse an der Komposition, der
Linie und den Hell-Dunkel-Werten unterstreicht. Seine Vorbilder sieht
Bry in Werken von Henri Cartier-Bresson und Gary Winnograd - Fotografen,
die den dokumentarischen Blick mit einer hoch kultivierten Ästhetik
verbinden.
Der mitlterweile einundachtzigjährige Fotograf wechselt seinen Wohnsitz
je nach den fotografischen Aufgaben, die er vorfindet: In Kalifornien
hält er charakteristische Bilder der aufregenden Natur fest, in Spanien
dokumentiert er ein Sanierungsprojekt, in Portugal einen bald
vergessenen Bootsbau. Er folgt einer norwegischen Theatergruppe und
fotografiert die Akteure, reist durch Italien, Deutschland und
Tschechien, um poetische Landschaftsbilder zu erhaschen, begleitet den
Entstehungsprozess einer Geige bei einem deutschen Geigenbauer. Michael
Bry ist ein Nomade, der seiner Mission, die er sich gegeben hat, sein
ganzes Leben lang folgt. In seinem kleinen Transporter hat er jederzeit
Schlafsack und Gaslampe bereit, um bei seinen Objekten und Ereignissen
so lange bleiben zu können, bis er sie mit der Kamera festgehalten hat.
Anlässlich der Schenkung seines Lebenswerkes an das KOG fand vom 6.
März bis zum 15. Mai 2005 eine Ausstellung statt, die einen fundierten
Überblick über das Gesamtwerk von Michael Bry eröffnete. Neben
Fotografien, die interessante Lebensabschnitte Brys chronologisch
belegen, wurden Bilder-Zyklen vorgestellt, in denen er sich mit
bestimmten Themen - Theater, Bäume, Frauen - ausführlich beschäftigt.
Die Galerie Röver hat einen Ausschnitt aus der Ausstellung des KOG
übernommen und präsentiert die großformatigen Fotografien mit einer
Auflage von maximal 10 Exemplaren als Verkaufsausstellung in Nürnberg. |