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Viel haben macht nicht reich.  Der ist ein reicher Mann, der alles was er hat, ohne Leid verlieren kann.

         Bedeutende Schlesier

Wer immer fröhlich ist auf Erden wird 99 Jahre werden und wer durchs Leben geht mit Schwung der ist mit 100 Jahr'n noch jung.

      

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Gottstein  Adolf

                                * 2.11.1857 in  Breslau,

                                   † 3.3.1941 in Berlin
                                        Hygieniker
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Nach Absolvierung des humanistischen Gymnasiums studierte Adolf Gottstein als Sohn eines Kaufmannes in Breslau, Straßburg und Leipzig Medizin, legte im Jahr 1880 das Staatsexamen ab und wurde 188l mit einer unbedeutenden Dissertation über marantische Thrombose zum Doktor der Medizin promoviert.

An das Studium der Heilkunde schloß sich der einjähnge Militärdienst an, nach dessen Beendigung im Jahre 1882 Adolf Gottstein als Assistent in das städtische Wenzel-Hancke-Krankenhaus zu Breslau eintrat. Dort bot sich ihm die Gelegenheit zur Weiterbildung in den Bereichen Chirurgie, Anatomie und klinische Chemie. Des weiteren beschäftigte sich Adolf Gottstein mit der Erforschung der Tuberkulose, und seine damaligen Arbeiten zur klinischen Bakteriologie sind ebenfalls rühmend zu erwähnen.

Im Jahre 1883 verlobte sich Adolf Gottstein und gab mit der Absicht, eine Privatpraxis zu gründen, seine Assistenztätigkeit in Breslau auf. Zur Vervollkommnung seiner gynäkologischen und geburtshilflichen Kenntnisse wechselte er anschließend nach Berlin über. Nach einigen Monaten faßte er den Entschluß, sich in der Reichshauptstadt niederzulassen. Im Januar 1884 nahm Adolf Gottstein am Halleschen Tor zu Berlin privatärztliche Tätigkeit auf, die er 27 Jahre lang – bis zum Jahre 1911 – ausüben sollte. In diese Zeit fallen zwei wichtige Ereignisse im Leben des Arztes, nämlich 1885 die Verheiratung mit Emilie Meffert, der Tochter des Direktors eines Realgymnasiums, sowie sieben Jahre später die Konversion von der jüdischen zur christlichen Religion: Ab 1892 war Adolf Gottstein Angehöriger der evangelischen Konfession.

Großer Beliebtheit erfreute sich damals der Arzt bei den ärmeren und mittellosen Patienten, denen er häufig die Zahlung eines Honorars erließ. Dieses soziale Engagement war ein Grund für die ungünstige finanzielle Lage Adolf Gottsteins, die sich erst ab 1900 verbesserte; ein weiterer war die Notwendigkeit, die Kosten für seine wissenschaftliche Arbeit, die er sogar als praktizierender Arzt nicht aufgab, selbst zu tragen.

Im Mittelpunkt der Forschungen Adolf Gottsteins, die einen beträchtlichen Teil der Freizeit des Gelehrten in Anspruch nahmen, standen immer wieder bakteriologische Probleme. So arbeitete er beispielsweise im Labor des Pathologen Carl Friedländer, unterstützte diesen in der Herausgabe der wichtigen Fachzeitschrift Fortschritte der Medizin, richtete sich selbst ein kleines Laboratorium ein, wo er Versuche zur Färbungstechnik durchführte, widmete sich im Institut des bekannten Pharmakologen Oscar Liebreich der Untersuchung des Tuberkelbazillus und erzielte in Zusammenarbeit mit Robert Koch bedeutende Forschungsergebnisse.

Neben der Bakteriologie standen epidemiologische, statistische und sozialhygienische Fragen im Zentrum des wissenschaftlichen Interesses Adolf Gottsteins, des bereits über die Grenzen der Reichshauptstadt hinaus berühmten Arztes und Gelehrten, der in zahlreichen Artikeln und Beiträgen für medizinische Zeitschriften und Sammelwerke sowie für einschlägige Handbücher die Ergebnisse seiner Arbeit niederlegte.

Als Sozialhygieniker mit großer wissenschaftlicher Reputation wurde Adolf Gottstein 1906 zum Mitglied des Charlottenburger Magistrats ernannt. In dieser Position konnte der erfahrene Praktiker seine Vorstellungen von der Gesundheitsfürsorge und der Kommunalhygiene in die Entscheidungsprozesse des Stadtparlaments einbringen. Adolf Gottsteins gesundheitspolitisches Wirken war so erfolgreich, daß man ihn im Jahre 1911 zum besoldeten Charlottenburger Stadtmedizinalrat berief; drei Jahre später erhielt er dann den Titel „Geheimer Sanitätsrat“ und 1919 das Amt eines Ministerialdirektors. Damit war die Leitung des gesamten preußischen Medizinalwesens, die er bis 1924 innehatte, und die aktive Gestaltung der Gesundheitspolitik des Landes verbunden. Die Ernennung zum preußischen Ministerialdirektor markiert den Aufstieg Adolf Gottsteins von einem auf kommunaler Ebene tätigen Medizinalrat zu einem Gesundheitspolitiker mit landesweitem Einfluß, den er auch in hohem Maße geltend machte.

So wurden beispielsweise in seiner Amtszeit fortschrittliche und an neuesten Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaften orientierte Gesetzeswerke verabschiedet: Zu nennen sind in diesem Zusammenhang das Krüppelfürsorge-, das Tuberkulose- und das Hebammengesetz.   Des weiteren ging die Gründung dreier moderner Akademien für Sozialhygiene sowie des Preußischen Landesgesundheitsrates auf die Initiative Adolf Gottsteins zurück.

Der schlesische Heilkundler Adolf Gottstein machte sich auf Grund seiner weitgefächerten medizinischen Kenntnisse sowie seines gesellschaftlichen und medizinalpolitischen Engagements um das Wohlergehens der einzelnen Patienten ebenso verdient wie um die Förderung des preußischen Gesundheitswesens. Adolf Gottstein vereinte in seinem Handeln als Arzt und hoher Beamter in hervorragender Weise die Sorge um das Wohlergehen des ihn konsultierenden kranken Mitmenschen mit dem Bemühen, die Gesundheit aller Staatsuntertanen mit Hilfe parlamentarischer und verwaltungspolitischer Maßnahmen zu erhalten oder wiederherzustellen.

Lit.: Eine wichtige Quelle für das Leben und das Werk Adolf Gottsteins ist dessen Autobiographie: Adolf Gottstein, in: Die Medizin der Gegenwart in Selbstdarstellungen, hrsg. von L[ouis] R[] Grote, IV, Leipzig 1925, S. 53-91 (mit einem Verzeichnis wichtiger Schriften und dem oben reproduzierten Porträt Adolf Gottsteins); – Ausgewählte Sekundärliteratur: [Anonym]: Gottstein, Adolf, in: Biographisches Lexikon der hervorragenden Ärzte der letzten fünfzig Jahre. Zugleich Fortsetzung des Biographischen Lexikons der hervorragenden Ärzte aller Zeiten und Völker, hrsg. von I[sidor] Fischer, I, Berlin, Wien 11932, S. 521f.; – [Anonym]: Gottstein, Adolf, in: Biographisches Lexikon hervorragender Ärzte des neunzehnten Jahrhunderts. Mit einer historischen Einleitung, hrsg. von J[ulius] Pagel, Berlin, Wien 1901, Sp. 618f.; – H[] Betke: Adolf Gottstein zum Gedächtnis des 100. Geburtstages am 2. November 1957, in: Klinische Wochenschrift 35 (1957), S. 1147f.; – Wilhelm Katner: Gottstein, Adolf, Leiter des preuß. Gesundheitswesens, in: Neue Deutsche Biographie, Bd. 6, Berlin 1964, S. 688f.; – P[] Schneck: Adolf Gottstein (1857-1941) und die Hygiene in Berlin. Eine Einführung zu seinem Aufsatz „Berlins hygienische Zustände vor 100 Jahren“, in: Zeitschrift für die gesamte Hygiene und ihre Grenzgebiete 33 (1987), H. 10, S. 4-6; – Manfred Stürzbecher: Adolf Gottstein als Gesundheitspolitiker, in: Medizinische Monatsschrift 13 (1959), S. 374-379; – ders.: Adolf Gottstein: sozialhygienische Akademien 1920, in: Deutsches medizinisches Journal 21 (1970), S. 1372-1374.

Werner Gerabek

 

 
 

Quelle; " Ostdeutsche Biographie".